Rückblick auf die Klausurtagung der Studienseminare Brandenburg
Ich habe mein persönliches Resümee zu der Klausurtagung aufgeschrieben.
unser BarCamp am 19.3.2021
Für das Studienseminar Potsdam war es das vierte, für alle Ausbildungscoaches der Studienseminare das dritte und für alle Ausbilder:innen in Brandenburg das erste angebotene BarCamp in der Lehrkräfteausbildung. Planung, Durchführung und vor allem technische Umsetzung wurden mit Hilfe der Agentur Jöran&Konsorten realisiert.
Die Veranstaltung fand statt mit ca 150 Teilnehmenden bei ca. 200 Anmeldungen. Am Ende der Veranstaltung waren noch knapp 100 Teilnehmenden anwesend. Aus den STS wurden im Plan 27 Sessions angeboten. 9 Sessions von externen Sessionanbieter:innen standen zur Verfügung. Die “Expertensessions” fanden alle mit mindestens zehn Teilnehmenden statt.
Das 25% der angemeldeten Personen nicht teilgenommen haben, mag auch damit zusammenhängen, dass in der letzten Woche wieder Präsenzunterricht stattfand und viele Fachausbilder:innen sich für die Betreuung ihrer Schüler:innen entschieden haben.
Schon in der Vorbereitung entstand ein facettenreicher Sessionplan:

Thematisch boten externe Expert:innen Sessions zu Rassismuskritik, agiler Didaktik, Prüfungskultur und Ausbildungskonzepten an. In den Sessions aus dem Kollegium wurden pädagogische, allgemeindidaktische, fachdidaktische und methodische Fragen besprochen, darüber hinaus urheberrechtliche Themen, Möglichkeiten überregionaler Vernetzung, Herausforderungen bei Hospitationen und Prüfungen sowie das BarCamp-Format selbst.
Die ausformulierten Rückmeldungen in einem Etherpad sind durchweg positiv, eine Abfrage zeigt ebenso ein positives Bild. Es haben bislang gut 50 Teilnehmenden die Möglichkeit wahrgenommen, Rückmeldungen zu geben.

Hervorgehoben wurden die hohe Qualität von Planung, Durchführung, Moderation und technischer Betreuung während des BarCamps, weiterhin die Themenvielfalt sowie die angenehme und wertschätzende Atmosphäre. Aus den Rückmeldungen wird deutlich, dass BarCamps auch in Zukunft wesentlicher Bestandteil unseres Fortbildungskonzepts sein sollen. Kritische Stimmen in der Abfrage etwa zur weiteren Nutzung der BarCamp-Methode in den Studienseminaren werden im Etherpad nicht begründet, der offene Diskurs wird hier bislang gemieden.
Umsetzung der BarCamp-Methode
Die ursprüngliche BarCamp-Methode wurde in Hinblick auf drei Aspekte abgeändert, um den Anforderungen einer Klausurtagung der drei Studienseminar anzupassen:
- online: BarCamps sind eigentlich als Präsenzveranstaltungen gedacht, die in der Begegnung der Teilnehmenden einen Happening-Charakter entwickeln. Auch durch die Corona-Pandemie wird das Format aktuell durchgehend online umgesetzt. Als Raum für zufällige und “informelle” Begegnungen stand in unserer Veranstaltung ein wonder.me-Raum zur Verfügung, der gut angenommen wurde. Als technische Herausforderung stellte sich dabei vor allem der Wechsel zwischen den VK-Systemen wonder.me und Zoom heraus. Zudem fehlte im wonder.me-Raum anfangs ein Signal, das auf den Beginn der nächsten Session-Vorstellungen aufmerksam machte. Im Verlauf der Veranstaltungen traten aber die technischen Herausforderungen des Konzeptes in den Hintergrund. Nicht nur die im Gästebuch geäußerten Wünsche nach Begegnung und Abendprogramm verweisen auf das Ziel, nach der Pandemie ein großes BarCamp in Präsenz zu planen und durchzuführen.
- Expert:innen: Eines der wichtigsten BarCamp-Prinzipien ist Egalität. Man duzt sich, um hierarchische Strukturen sichtbar außen vor zu lassen. Man spricht von “Teilgebenden” anstatt von Teilnehmenden, um deutlich zu machen, dass jede:r Expert:in ist. Keynotes oder gar längliche Reden diverser Funktionär:innen sind nicht vorgesehen (#skipintro). Es reicht eine Begrüßung und dann geht es los. Dieses Prinzip der Egalität haben wir aufgegeben, indem wir “Expert:innen” eingeladen haben. Maßgeblich dafür waren vor allem der Wunsch aus dem Kollegium nach Input einerseits und anderereits die erfahrungsgemäß große Zurückhaltung von BarCamp-Anfänger:innen, sich bei ersten Gehversuchen mit einem Sessionangebot zu exponieren. Um die Angebote aus dem Kollegium nicht in Konkurrenz zu den eingekauften Profi-Sessions zu stellen, haben wir uns entschieden, die Expert:innen in einer Schiene zu lassen: Das BarCamp-Erlebnis war uns wichtiger als die Inhalte der Sessions. Fast alle Expert:innen-Sessions wurden aber aufgezeichnet und werden in der HPI-Schulcloud zur Verfügung gestellt.
- Klausur: Ein BarCamp funktioniert üblicherweise nicht in exklusiver Form — Working out loud, Vernetzung und Austausch stehen im Vordergrund. Aus der Tradition unserer Fortbildungen heraus und auch um den KuK einen geschützten Raum für Sessions und Austausch zu bieten, blieb der Kreis der Teilnehmenden aber auf Ausbilder:innen aus Brandenburg und die eingeladenen Expert:innen begrenzt. Dabei stellt sich durchaus die Frage, ob man nicht auf der einen Seite die Freiwilligkeit der Teilnahme stärker betonen könnte, um explizit diejenigen anzusprechen, die sich tatsächlich aktiv und aus Interesse einbringen möchten. Auf der anderen Seite ließe sich ein solches Format zumindest in Teilen für Ausbildungslehrkräfte, Angehörige der Universität und vor allem auch Ausbilder:innen aus anderen Bundesländern öffnen — entsprechendes Interesse bestand vielfach. Konsequent umgesetzt wurde die BarCamp-Methode mit der Entscheidung, die Dauer der einzelnen Sessions auf 50 Minuten zu begrenzen. Üblich sind im Präsenz-BarCamp 45 Minuten, online ist aber immer mit technisch bedingten Verzögerungen zu rechnen. Größere Zeiteinheiten ließen sich mit ähnlichen technischen Mitteln realisieren, entsprechende Workshop-Konzepte führen dann aber zu einer anderen Veranstaltung mit einer anderen Dynamik (z.B. wäre es dann auch sinnvoll, Obergrenzen für die Anzahl der Teilnehmenden in den Workshops festzulegen).
meine Erkenntnisse
- Jöran&Konsorten: Für eine online-Veranstaltung in wie dieser ist professionelle Unterstützung sinnvoll. Wir hatten nicht nur eine performante und funktionale digitale Infrastruktur zur Verfügung, sondern konnten bei Planung, Umsetzung, Moderation und technischem Support die Erfahrungen von J&K nutzen, so dass die Veranstaltung reibungslos und auf unsere Bedürfnisse abgestimmt stattfinden konnte.
- Die Teilgebenden: Dass am Ende der Sessionplan fast voll war, verweist auf die hohe Akzeptanz für und das große Interesse an der Tagung. Es bleibt festzuhalten, dass hier eine Veranstaltung ganz ohne Papier bei maximaler Transparenz die Partizipation und Vernetzung aller Teilnehmenden ermöglichte.
Deutlich wurde aber auch, dass wir als Studienseminare doch noch nicht in der Postdigitalität angekommen sind: Oft steht das Medium, das “Wie geht funktioniert das?” noch im Vordergrund, so dass inhaltliches und konzeptionelles Arbeiten gelegentlich noch zu kurz kommen mag. Aber eine hybride Tagung ist auch noch keine Selbstverständlichkeit: Einzelne KuK sind gewohnt, sich erst nach Ankunft bei einer Fobi-Veranstaltung gedanklich mit ihr zu beschäftigen. Im Idealfall bringen zu einem BarCamp die Teilgebenden nicht nur ein Session-Angebot mit, sie haben sich bei der online-Variante auch im Vorfeld mit der technischen Umsetzung beschäftigen, um im Stress des eng getakteten Formats nicht plötzlich auszufallen: Ist die Hardware tauglich und steht die notwendige Software zur Verfügung? Habe ich notwendige Tools getestet und komme ich damit zurecht?
Sichtbar werden verpasste Möglichkeiten dann bei den Dokumentationen, die nicht nur als Ergebnismitschriften und Materialsammlungen allen die Möglichkeit zur Teilhabe bieten, sondern auch ermöglichen, von außerhalb der Session Material und Anregungen — ggf. auch nach dem BarCamp — beizusteuern. Sessionanbieter:innen machen es sich und Teilnehmenden leichter, wenn sie ihr Material bereits vor der Veranstaltung im Etherpad verlinken, und das vielleicht sogar gleich als OER (Open Educational Resources). Natürlich können sich Teilnehmende dafür entscheiden, die Session für sich persönlich zu dokumentieren, anstatt das öffentliche Pad zu nutzen. Mit dieser Entscheidung gehen der Gruppe aber nicht nur diese Mitschriften verloren, die Session verliert auch die ungeteilte Aufmerksamkeit dieser Teilnehmenden. Vor dem Hintergrund des sehr ungewohnten Formats ist das nachvollziehbar, aber eben auch schade.
Ob die Dokumentationen der Sessions später auch genutzt werden, hat wieder damit zu tun, inwieweit wir hybrid arbeiten: BarCamp-Sessions bieten Impulse und gelegenheit zum Austausch. Eine entsprechend notwendige Weiterarbeit erfolgt im Ausprobieren, im Selbststudium oder in — ggf. neu gegründeteten — Arbeitsgruppen. Der Anspruch, größere Problemstellungen in einem Fortbildungsformat an einem Tag abschließend klären zu können, besteht nicht. Die Weiterarbeit an den Themen hängt von deren Relevanz ab und von Möglichkeitsräumen, die in einem arbeitsreichen beruflichen Alltag zur Verfügung stehen bzw. gestellt werden.
Es bleibt aber festzuhalten: Dass das BarCamp letztlich ohne größere Pannen ablief und in großen Teilen umfassend dokumentiert wurde, hat auch mit der hohen Adaptionsfähigkeit der Kolleg:innen zu tun und zeigt, dass gerade im letzten Jahr eine beachtliche Entwicklung stattgefunden hat. So sollte es weitergehen.
Danken möchte ich an dieser Stelle besonders — neben allen Teilgeber:innen — meinen Kolleg:innen aus dem Orga-Team sowie den Mitarbeiter:innen von J&K. Die Zusammenarbeit hat viel Spaß gemacht und fühlte sich an wie eine kleine Fortbildung zum Event-Managament:)
Hybrides Arbeiten für die Zukunft
Doch wie lassen sich gute Entwicklungen voranbringen? Ich meine, dass wir in unserer inhaltlichen und konzeptionellen Zusammenarbeit vier Prinzipien, die sich im BarCamp bewährt haben, konsequent weiter umsetzen sollten:
- Partizipation: Inhaltlich und konzeptionell können sich alle Interessierten einbringen: Bedarfe, Kommunikation, Themen etc. (was sich natürlich nicht auf Entscheidungsgewalt bezieht);
- Kollaboration: Inhaltliche und konzeptionelle Arbeit erfolgt auf kollaborativen Plattformen, die — je nach Bedarf — Kommentar, Ergänzung und Überarbeitung ermöglichen. Eine entsprechende Fehlerkultur wird gepflegt;
- Transparenz: Inhaltliche und konzeptionelle Prozesse bleiben für alle sichtbar. Alle Beteiligten haben jederzeit Zugriff;
- sharing: Ergebnisse von inhaltlicher und konzeptioneller Arbeit werden geteilt. Produkte als OER (Open Educational Resources) sind Standard.
Ob diese vier Prinzipien nun auf eine Arbeitsgemeinschaft, alle Ausbildungscoaches, auf alle Ausbildenden in Brandenburg, oder global bezogen werden, hängt vom jeweiligen Anlass ab. Die technischen Umsetzungsmöglichkeiten sehen dabei aber ähnlich aus — umgesetzt z.B. in unserem BarCamp.